Nicht  schon wieder Stuttgart 21 – dies werden sicher manche Leser und Leserinnen denken.  Aber Stuttgart 21 steht nicht nur für einen Bahnhof. Vielmehr ist es auch  exemplarisch für den Umgang mit der Demokratie in unserer Gesellschaft!
              
              In  unserer Kultur etablierte sich Protest meist darin, dass gegen ein Vorhaben  demonstriert wird.  Gegen etwas zu sein,  wird vielfach auch mit Fortschrittsfeindlichkeit gleichgesetzt. Nur wer für  etwas ist, der möchte gestalten und die Welt positiv verändern.  
            Dies machen sich die Nutznießer von S 21 zu  eigen und haben ihre Propaganda darauf ausgerichtet, mit allen Mitteln zu  erklären, wie schwer es in Deutschland ist, für etwas zu protestieren.  Möglicherweise soll damit auch die Diskrepanz der unterschiedlichen  Teilnehmerzahlen erklärt werden.
              
              Dabei  ist es in Deutschland überhaupt nicht schwer, für etwas zu demonstrieren: Demo  anmelden und gleich Gesinnte finden! Sollten diese nicht kommen, so liegt dies  nicht am schlechten Demonstrationsrecht, sondern am fehlenden Zuspruch für das  eigene Vorhaben!
              
              In  Stuttgart demonstrieren die Menschen eben nicht gegen einen Umbau des  Bahnhofes. Sie demonstrieren für einen nachhaltigen und aus  volkswirtschaftlicher Sicht kostenbewussten Umbau. Hierfür haben sie auch eine  Konzeption für den Kopfbahnhof – K 21 – erarbeitet. Diese wird in einer der  kommenden Schlichtungsrunden der bundesdeutschen Öffentlichkeit vorgestellt.
              
              Doch  wofür stehen die sogenannten Befürworter von S 21? Aus meiner Sicht treten  diese nicht für etwas, sondern gegen einen nachhaltigen Umbau des Kopfbahnhofes  ein, welcher nicht nur ein zukünftig sinnvolles Verkehrsaufkommen aufnehmen  soll, sondern auch finanzielle Ressourcen volkswirtschaftlich sinnvoll  einsetzt.
              
              Die  Frage ob Dafür oder Dagegen, kann somit nicht ohne weiteres  beantwortet werden. Leichter wird es, wenn eben diese dahin gehend gestellt  wird, wem das Vorhaben von Nutzen ist. Ist ein Projekt für einige Wenige oder  für die Allgemeinheit von Nutzen? Erst nach Beantwortung dieser Frage wird es  relativ einfach, ein Projekt nach seinem gesellschaftlichen Nutzen zu  beurteilen!
              
              Leider  ist es in der heutigen Protestkultur eher üblich, gegen etwas zu sein. Gegen  Hartz IV, gegen Spekulationen an den Börsen, gegen Dumpinglöhne, etc.! Auch  wenn man für etwas eintritt, wie beispielsweise den Mindestlohn, dann werden in  der Regel keine schlüssigen Konzepte angeboten. Natürlich werden Mindestlöhne  in einigen Branchen auch zum Abbau von Arbeitsplätzen führen! Dies zumindest in  einigen Branchen, in denen zu viel Menschen beschäftigt werden. 20 Friseusen  auf 100 Menschen sind einfach zu viel – so schnell wachsen niemandem die Haare!  Ein Mindestlohn würde eventuell nur noch 5 Friseusen ein gutes Einkommen und  zugleich einen sinnvollen Arbeitstag bescheren. Doch die Antwort darauf, was  dann mit den verbliebenen Friseusen geschehen soll, wird einfach nicht gegeben.
              
              Eine  Antwort, welche auch eine Veränderung der Arbeitswelt beinhalten muss. Geht es  doch um gesellschaftlich notwendige und gesellschaftlich gewollte Arbeit, in  welcher die bislang lohnabhängige Beschäftigung nicht mehr im Vordergrund  stehen wird. Dies würde aber auch das Primat der kapitalistischen  Wirtschaftsordnung infrage stellen!
              
              Die  Protestierenden von Stuttgart beschreiten hier neue Wege. Sie geben mit dem  Projekt K 21 auch Antworten und weisen Wege in eine gesellschaftlich  vernünftige Zukunft! Man kann sich nur wünschen, dass dies ein  zukunftsweisendes Modell für unsere Gesellschaft ist!